Rundumschlag bis zum Lake Powell

Wir sind auf einem Campingplatz am Lake Powell angekommen. Und es gibt Internet, Toiletten, Duschen und eine phänomenale Aussicht aus dem „Büro“. Wir nutzen die Gelegenheit direkt, um etwas zu arbeiten.

Aber alles der Reihe nach. Ich werde von der Maßgabe der Redaktion abweichen und heute mal richtig ausholen, um unser Reisetagebuch auf den aktuellen Stand zu bringen. Soviel vorweg: es ist eine Menge passiert. Wir werden also eine wenig in unserem Büro verweilen. Da wir etliche GB an Fotos in die Cloud hochladen müssen und das Internet hier gefühlt von einem humpelnden Hamster in einem rostigen Laufrad in einem viel zu heißem Keller angetrieben wird, habe ich genug Zeit über alles der Reihe nach zu berichten.

Santa Barbara war Klasse. Abgesehen davon, dass unsere Gastgeber supercool, unglaublich zuvorkommend und unendlich freundlich waren (ich weiß, dass ich das schon mehrfach erwähnt, aber ich kann es einfach nicht lassen, da ich nach wie vor überwältigt bin von dieser grenzenlosen Gastfreundschaft), haben wir die Stadt sehr genossen. Es hat sich angefühlt wie Urlaub in einem Urlaubsort. Überall Palmen, nette Cafes, tolles Wetter und Me(e/h)r. Wir haben uns einen Tag Zeit genommen, um zu schlendern, ein wenig zu shoppen und den Sonnenuntergang vom Campus, der dort ansässigen Universität zu bestaunen. Letzteres hat nicht ganz so gut geklappt, da wir ein wenig spät dran waren, war trotzdem schön. Zumindest konnten wir für unsere Gastgeber ein Dankeschön in Form von Blumen und Kaffee besorgen. Abends haben wir mit Zach und Lindsay dann Burritos bestellt. Richtig mächtige Burritos. Und selbstverständlich durften wir uns, trotz energischer Nachfragen, nicht an der Rechnung beteiligen, da die beiden dies als ihre gastgeberische Pflicht verstanden. Erwähnte ich eigentlich schon, dass die beiden unglaublich … ok, ich klemme es mir. Aber sie sind einfach unglaublich toll.

Am nächsten Tag sind wir dann endlich Richtung Osten ins Inland gestartet. Vorher haben wir noch einen Maximalversorger angesteuert, um unsere Vorräte aufzufüllen, denn außer Avocados und Tomaten (die uns Zach und Lindsay mitgegeben haben – die Tomaten aus dem eigenen Garten und die Avocados vom Baum vor dem Haus. Habe ich eigentlich erwähnt, dass die beiden supercool und unendlich freundlich sind? bestimmt schonmal in einem Halbsatz) hatten wir eigentlich nichts mehr. Also ab zum Target und Schwubsdiewubs war die Kühlbox wieder Prall gefüllt. Jetzt aber los. LA wollten wir weiträumig umfahren. Jule kennt die Stadt schon und mir wurde aus mehreren Richtungen geraten, dass man die Zeit besser verwenden kann, als sich LA anzugucken. Und plötzlich waren wir da – im „Wilden Westen“. Unser erstes Ziel war der Joshua Tree Park. Die Nacht bevor wir in den Park gegangen sind, haben wir auf einem Campingplatz verbracht. Hier schrie schon alles nach Wüste und sah schon echt unwirklich aus. Als würde man auf dem Mond schlafen, nur dass es auf diesem Mond Yucca Palmen, diverse Sträucher und mutmaßlich auch Klapperschlangen gab. Letztere haben wir, möglicherweise glücklicherweise, nicht zu Gesicht bekommen. Der nächste Tag brachte dann vor allem Hitze und Aufbruchstimmung. Die Einfahrt für Fahrzeuge war nur ein paar Meilen entfernt. Dort haben wir dann auch unseren Jahrespass, gültig in allen US Nationalparks, für 80 $, erwerben können und dann … naja.. war schon schön irgendwie, hat mich aber nicht sonderlich vom Hocker gehauen. Zach meinte, dass viele, von Marihuana benebelt (was ja völlig legal ist in Kalifornien), durch diese Wüste stapfen, um sich selbst zu finden. Hätte vielleicht geholfen, bei klarem Geiste jedoch, verflog meine Euphorie recht schnell und abgesehen von viel Wüste und drückenden Hitze gab es aus meiner Sicht wenig Spannendes in dem Park zu sehen. Jule war allerdings hin und weg und somit hat sich die Sache doch gelohnt, denn wie uns der weise Postbeamte in New York schon sagte : “Keep Momma happy“ lohnt es sich immer meine bessere Hälfte glücklich zu stimmen.

Am Nachmittag des selben Tages waren wir dann wieder auf der Straße, denn es musste ja weitergehen. Ich habe dann für uns den nächsten Campingplatz rausgesucht. Direkt am Colorado River. In Laughlin. An der Grenze zu Nevada. Sah gut aus. Und die Fahrt dahin war spektakulär, da wir die ganze Zeit von einem heftigen Gewitter gejagt wurden. Bei jedem kurzen Fotostopp fing es nach ein paar Minuten an zu tröpfeln. Also wieder rein in den Van und mit atemberaubenden, den Van an die Grenze seiner Leistung treibenden, 65 mph wieder auf die Flucht. Als wir dann ankamen, beschlich mich das Gefühl eine Kleinigkeit übersehen zu haben. Ahja. Ein Blick auf Googlemaps machte klar, dass direkt neben Laughlin die Mojave-Wüste liegt. Also die Wüste, in der im August Durchschnittstemperaturen von über 45°C erreicht werden. Und genau genommen befanden wir uns noch innerhalb der geografischen Grenzen dieses Backofens. Das wurde uns dann auch klar als wir zu sehr später Stunde die Türen des klimatisierten Vans öffneten. Das war als würde man zu gierig die Tür des heimischen Ofens öffnen, um zu früh einen Blick zu riskieren, ob die gebackene italienische Tiefkühlköstlichkeit schon den gewünschten Bräunungsgrad erreicht hat. Autsch. Jetzt war Momma gar nicht mehr so happy. Die schlechte Laune, die beim Kochen im Dunkeln unter sporadischem Licht, dass die Blitze des Gewitters spendeten, das uns mittlerweile eingeholt hatte, wurde dann noch durch die nationale Notfall-SMS abgerundet, aus der hervorging, dass es eine akute Sturzflutwarnung für das Gebiet, in dem wir uns aufhielten, besteht. Da standen wir nun. In dunkler Nacht, direkt am Fluß im Backofen Mojave. Egal. Wir waren müde und alle anderen Camper rührten sich auch nicht vom Fleck. Im Zweifelsfall macht man einfach das, was die Lokalen machen und lässt nicht zu viel Panik aufkommen. Wir haben uns also mit Paddeln in Bett gelegt und geschlafen. Also hätten wir gern. Ich muss, glaube ich nicht ausführen wie sich 38°C Aussentemperatur (selbstverständlich ohne den geringsten Windhauch) in einem geschlossenen Fahrzeug anfühlen. Warum geschlossen? Hier gab es allerhand Fauna, die man besser nicht in seinem Auto haben möchte. Mit dem letzten Atemzug, kurz vorm ersticken haben wie die Hecktür dann aber doch geöffnet. An Schlafen war nicht zu denken, dafür war es viel zu heiß, und so konnten wir permanent überwachen, dass es sich keine ungebetenen Gäste heimlich in unserem Fahrzeug gemütlich machen. War überflüssig, nichts und niemand wollte in diesem Van sein. Wir haben dann beobachtet, wie eine Stinktierfamilie sich über das Nachbarcamp hermachte und gegen 02:00 Uhr sind die Temperaturen dann auf angenehme 32°C gefallen, sodass wir unter nassen Handtüchern ein wenig schlummern konnten. Gefühlt haben wir uns wie Berner Würstchen. Mit Abstand die schlechteste Nacht seit ewig, da waren wir uns beide einig.

Am nächsten morgen gönnten wir uns beide dann erstmal eine erfrischende Dusche und sind dann leicht bis mittelschwer gerädert auf der historischen Route 66 Richtung Oatman aufgebrochen. Oatman ist eine kleine Stadt im Wilden Westen, deren äußerer Anschein in den letzten 100 Jahren konserviert wurde. Das coolste hier waren wohl die freilaufenden Esel, die die ganze Stadt vollkackten und dafür von Touristen mit Streicheleinheiten und Futter belohnt wurden. Schön anzusehen, aber insgesamt doch eher als außergewöhnliche Touristenfalle zu betrachten. Wir sind dann bei 40°C durch die kleine Stadt geschlendert, haben hier und da mal in die Läden reingeschaut (die komplette Siedlung besteht nur aus Souveniergeschäften) und festgestellt, dass die Meinung, wer wieder Präsident werden sollte hier einstimmig ist. In einem der Shops kommen wir dann mit einem einheimischen Verkäufer ins Gespräch, nachdem wir uns halb angewidert, halb interessiert eine im Glas eingelegte Klapperschlange, die zum Verkauf stand anguckten. Er erklärte uns, dass es eine große Population an Klapperschlangen in der Gegend gab und er sie fing und aß. Ja genau. Er isst sie. Nach den genauen Darreichungs- und Zubereitungsformen haben wir uns dann nicht mehr erkundigt. Kurz bevor wir den Laden wieder verlassen wollten machte er uns dann noch auf ein paar konservierte Rasseln seiner Lieblingsspeise aufmerksam, welche sich ganz unten in der Thekenvitrine befanden. Als Jule sich herunterbeugte, um diese zu bestaunen, schoss auf einmal eine Schlange genau in ihre Richtung unter der Theke hervor. Ohje. Aber Moment. Da stimmte was nicht. Denn abgesehen von der Auftaktbewegung bewegte sich das Reptil nicht. Die war aus Gummi. Und bewegen konnte sie sich nur durch einen gezielten Tritt des Verkäufers. Der hatte seinen Spaß. Macht er öfter, erklärte er uns. Er braucht ja euch ein wenig Spaß. Ich fand’s irgendwie auch witzig. Jule auch. Nach ca. zehn Minuten als der Schock über den Fakeangriff verflogen war. Zur Honorierung der Gratiseinlage haben wir dann noch zwei eisgekühlte Getränke bei ihm erworben und haben anschließend unseren Weg Richtung Grand Canyon Nationalpark fortgesetzt.

Auf dem Weg haben wir bei „Sonic“ ein wenig Fastfood konsumiert und sind zwar satt, aber immer noch angeschlagen von letzter Nacht weitergefahren. Vorher haben wir erstmal die Temperaturen an unserem Reiseziel gecheckt. Nicht, dass es was geändert hätte, aber wir wollte nicht wieder wie kopflose Hühner im Backofen landen. Diesmal gab es eine Entwarnung. Nachts deutlich unter 20°C. Welch ein Segen. Der von uns favorisierte Campingplatz befand sich ein paar Meilen vor dem Parkeingang. Hier war es ruhig und ausser einem Plumpsklo und einer Campinggarnitur aus Beton gab es keine Annehmlichkeiten, war aber völlig egal. Wir waren total platt und haben, bei durchaus angenehmen Temperaturen in unserem Zuhause auf vier Rädern erstmal eine Mütze Schlaf nachgeholt.

Das war nötig. Am nächsten morgen hat uns die Welt wieder entgegen gelacht und wir sind gestärkt, nach einem ausgiebigen Porridgefrühstück, die letzten Meilen zum Grand Canyon gefahren. In den Park konnten wir mit unserem Pass unkompliziert einfahren und der gut ausgeschilderte Weg zum riesigen Parkplatz war schnell gefunden. Dazu eine kurze Anmerkung: Jules Freundin Kate sagte zu uns, dass Arizona im Sommer schrecklich ist. Ist also wie Winter an der Ostsee. Kann man machen, machen aber nicht viele. Brutale Nebensaison. Weiter im Text. Die letzten paar Schritte zur großen Schlucht waren schnell getan und dann das. Wow. Das haute mich nun wirklich vom Hocker. Wenn der Amerikaner von groß spricht übertreibt er selten und das hier war wirklich groß. Unfassbar groß. Wir sind dann wie ferngesteuert den ganzen Tag rumgelaufen und haben aus jedem erdenklichen Winkel und von jedem verfügbaren Aussichtspunkt Fotos dieser unwirklichen Landschaft gemacht. Daran konnte man sich gar nicht sattsehen. Nichtsdestotrotz mussten wir diese gewaltige Kulisse irgendwann verlassen, um nach einem Nachtquartier Ausschau zu halten. Das war leicht. Wir haben im Park einen Campingplatz für einen vernünftigen Tagessatz gefunden. Dort haben wir es uns dann gemütlich gemacht und Abends gab es dann Nudeln mit Tomatensoße.

Den nächsten morgen haben wir genutzt, um uns und unsere Klamotten zu reinigen. Nach dem Duschen haben wir unsere Sachen in der Reinigung in eine Maschine geschmissen und während unsere Textilien fröhlich ihre Runden in der Maschine drehten haben wir in unserem Van vor der Tür einfach mal abgehangen. Jule sagte, dass es sich anfühlte wie ein Sonntag. Ja. War ja auch Sonntag. Wir beschlossen einen Tag Reisepause einzulegen und haben unseren Aufenthalt an diesem entspannten Fleckchen Erde um einen Tag verlängert.

Heute sind wir dann zum Antelope Canyon aufgebrochen und mehr zufällig am Lake Powell gelandet. Morgen gehts dann in den nächsten Canyon, nicht Grand, aber sicher dennoch fantastisch.

Dem eingangs erwähnten Hamster ist jetzt wohl endgültig die Luft ausgegangen. Die Internetgeschwindigkeit ist am Boden, wir haben Hunger und ich werde diesem Beitrag wohl doch erst morgen früh veröffentlichen. **

** Hat dann doch nicht geklappt. Mittlerweile ist es übermorgen früh. Das Nagetier hatte Frühstückspause und wir sind dann weitergefahren ohne die angefangene Arbeit zu beenden. Ging auch nicht anders, denn wir hatten einen Termin am Antelope Canyon und den wollten wir auf gar keinen Fall verpassen. Ich will den Blog trotzdem auf Stand bringen und daher wird der Eintrag hier noch länger als eingangs geplant.

Weiter im Text. Da Utah und Arizona unterschiedliche Zeitzonen haben und sich die meisten Mobiltelefone unglücklicherweise automatisch die Utah-Zeit einstellen, unsere Tour aber in Arizona stattfindet habe ich seit heute morgen eine Uhr an jedem Handgelenk. Die Smartwatch an dem einen (die hat die Angewohnheit sich nach meinem Telefon zu richten und das zeigt wie bereits erwähnt nicht immer die richtige Zeit an) und eine analoge Uhr am anderen, auf der die Arizona-Zeit eingestellt ist. Nun konnte also eigentlich nichts mehr schief gehen. Also fast nichts. Das Wetter hätte uns noch einen Strich durch die Rechnung machen können, denn der Canyon neigt dazu bei Regen zu einem nassen Grab mit plötzlich einfallenden Wassermassen mit einer Strömungsgeschwindigkeit von bis zu 100 km/h zu werden, die dann in den Lake Powell schießen. Als Treibgut im Stausee enden klang nach nem ziemlich blöden letzten Urlaubstag, aber die Veranstalter haben da ein genaues Auge drauf, daher werden auch regelmäßig bei schlechtem Wetter Touren durch den Canyon abgesagt. Der Blick gen Himmel versprach nichts Gutes. Dichte Wolken am Horizont. Naja. Konnten wir eh nicht ändern und so sind wir nach ein paar Fotos auf dem Weg im Navajogebiet angekommen, um unsere Tour zu starten. Mitten in der Wüste. Es war heiß. Vor dem Gebäude, dass Check-In und Wanderungsausgangspunkt in einem war, türmten sich die Menschenmassen. Es hatte die ganze Nacht geregnet und alle Touren bis 12:00 Uhr wurden abgesagt, weil zunächst stehengebliebenes Wasser und Schlamm aus dem Canyon entfernt werden mussten, um ihn wieder begehbar zu machen. Einige der Unglücklichen sind vor Ort geblieben, um einen freien Platz in einem späteren Rundgang abzugreifen. Unsere Führung war für 13:30 terminiert. Was für ein Glück. Bevor es losgehen konnte dann noch ein kleiner Vorfreudedämpfer- absolute Maskenpflicht ohne Ausnahme, auch im Canyon. Prinzipiell ja eine vernünftige Maßnahme, aber Urlaubsfotos mit Maske sind dann doch doof. Zumal wir 80 $ pro Person für die Führung bezahlt haben und wahrscheinlich in nächster Zeit nicht nochmal an diesen magischen Ort kommen. Aber unsere Fremdenführerin vom Stamme der Navajo war total cool und hat uns am Start des Rundgangs bereits versprochen, dass wir den Felsspalt mit vielen tollen Fotos, illegaler Weise auch ohne Maske, wieder verlassen werden. Das beruhigte. Nach einem kurzen Fußmarsch ging es dann über steile Treppen in den Canyon und hier unten war es einfach magisch. Unsere Fremdenführerin schmückte den Rundgang mit allerhand spannender Informationen über diesen Ort und die Kultur der Navajo. Beschreiben werde ich ihn jetzt nicht, da lasse ich doch lieber die Bilder für sich sprechen.

Danach haben wir noch kurz einen Abstecher zum Horseshoe Bend gemacht. Kleiner Spaziergang. Kostete 10$ und brachte tolle Fotos. Glücklich, alles gesehen zu haben, was wir sehen wollten, sind wir dann in unsrem Van weitergefahren Richtung Utah, genauer gesagt zum Bryce Canyon Nationalpark. Da sind wir jetzt gerade, haben bei angenehmen 10°C gut geschlafen und werden wohl, sofern es das Wetter zulässt, noch eine Runde wandern gehen.

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