Das hier ist kein Blog. Zumindest nicht mehr. Nicht im engeren Sinne. Es mangelt an zeitlicher Aktualität. Das hier ist eigentlich eher eine Auflistung von bereits Geschehenem. Also mehr ein Geschichtsbuch. Darum gibt es heute einen Wechsel in der Erzählperspektive. Es übernimmt der allwissende Erzähler. Kaum hatte Robert diese Worte getippt, konnte er sich entspannt zurücklehnen und dabei zusehen wie Wort für Wort, wie von Zauberhand getippt und aneinandergereiht, langsam den ersten Absatz des heutigen Berichts formten. Er ging zu Julia, die im Schlafzimmer ihres aktuellen AirBnBs gerade Fotos für den Upload in die Cloud vorbereitete. Die beiden hatten ein wenig Entspannung nötig, da sie wieder viel unterwegs sind, seit sie vor drei Tagen aus den USA nach Kanada einreisten. Heute beispielsweise haben sie sich die Niagara Fälle angeguckt, was beide sehr beeindruckte. Im Anschluss kauften sie sich jeweils eine Portion Pommes mit Bratensoße, Käse und weiteren individuellen Toppings (ein lokales Gericht namens Poutine). Da die Wasserfälle bei Dunkelheit beleuchtet werden, überlegen die beiden, ob sie später nochmal hinfahren. Die Chancen dafür stehen allerdings nicht besonders hoch. Solange keine Entscheidung herbeigeführt wurde, nutze ich die Zeit, um die Geschichte unserer Protagonisten weiter zu erzählen.

Nachdem Sie Las Vegas nach zwei spannenden Tagen wieder verlassen hatten befanden sich Robert und Julia wieder mit schwindelerregenden 65 mph auf einem Highway in Richtung des Sequoia Nationalparks. Sie wussten, dass die Fahrt etwas länger dauern würde und daher entschlossen sie sich schon mal einen Campingplatz zu buchen. Robert nahm sich der Aufgabe an und ehe Julia sich versah war ein Campingplatz gebucht. Da ich heute der allwissende Erzähler bin nehme ich schonmal vorweg, dass Roberts Campingplatzwahl gelinde gesagt kacke war und er wird diese Buchung zutiefst bereuen. Doch mehr dazu später.

Die Fahrt von Las Vegas Richtung Nationalpark war recht unspektakulär. Für die akustische Begleitung wechselten sich Hörbuch und Musik ab und abgesehen davon, dass die Wüste, die die beiden umgab, nach und nach von Planzen aufgebrochen wurde und dadurch zunehmend ihre Tristesse verlor, passierte nicht viel. Mit den letzten Sonnenstrahlen trafen sie, etwas später als geplant, am Nationalpark ein. In Julias Augen konnte man deutlich sehen, dass etwas nicht stimmte. Ungläubig guckte sie auf die Navigationsapp und stellte schließlich fest, dass die Zufahrtsstraße zum Campingplatz außerhalb des offiziellen Parkeingangs lag. Außerdem stellte sie eine eklatante Diskrepanz zwischen der benötigten Zeit und der zu absolvierenden Strecke fest. 14 Meilen Strecke in 1:30 h. Umgerechnet entspricht das ca. 15 km/h. Robert war zuversichtlich, dass das Navi “Quatsch erzählt“, doch damit konnte er Julia nicht beruhigen. Die Nacht legte sich dunkel über die Landschaft und die beiden fuhren los. Steil bergauf. Auf einer schmalen kurvigen Straße, die immer schmaler und kurviger wurde. Nun erkannte auch Robert wie die Weg-Zeit-Berechnung der Navigationsapp zustande kam. „STOP!“ Er beobachtete gerade wie die Ankunftszeit auf dem Navi um eine weitere Minute nach hinten korrigiert wurde, als ein ohrenbetäubender Schrei von der Beifahrerseite ihn aus seinen Gedanken riss und mit aller Macht ungeprüft aufs Bremspedal zwang.

Es dauerte nicht lange, da erblickte Robert, warum Julia ihn so plötzlich zum Bremsen aufforderte – eine Klapperschlange, mitten auf der Straße. Obwohl beiden klar war, dass es diese Reptilien hier gab, war es doch etwas anderes jetzt ein Exemplar live zu sehen. Obwohl sie sicher vor der Schlange im Auto saßen, konnte Robert einen kleinen Schauder nich unterdrücken. Die Vorstellung, dass sich eins dieser Tierchen des Nachts in den warmen Van verirren könnte, ließ ihn frösteln. Jule hatte indes wie üblich Ihr Telefon gezückt, um den Moment für die Nachwelt festzuhalten. Als sie das Licht ihres Smartphones anschaltete, um die Schlange für das geplante Reptilienshooting ausreichend auszuleuchten, wurde es wild. Die Schlange nahm die Einladung gerne an, drehte sich und kroch hastig Richtung Licht. Der Halter des Lichts, Julia, fand das nicht so witzig, kurbelte wie eine besessene das Fenster wieder hoch und schrie Robert an, dass er losfahren soll. Und weg waren sie. Mittlerweile war es so dunkel, dass sie außer dem kleinen Stück Straße, dass im Lichtkegel ihrer Scheinwerfer sichtbar wurde, nichts sahen. Das war wohl auch besser so, denn die Straße, auf der sie fuhren, so sollten sie später rausfinden, ist verrufen als sehr gefährlich und sollte man dennoch das Bedürfnis haben hinaufzufahren, so sollte man doch wenigstens ein allradbetriebenes Fahrzeug nehmen. Neben sich hatten die beiden außerdem Abhänge, die teilweise 300m abfielen. Die nun aber nicht störten. Wie gesagt, die beiden konnten ja aufgrund der Dunkelheit nichts sehen. Die Straße steigerte den Schwierigkeitsgrad noch ein wenig und nahm den beiden auch noch den ebenen Untergrund, sodass es sich auf den letzten 3 Kilometern um eine enge, kurvige, unebene Straße mit tödlichem Abhang und losem Untergrund handelte.

Nach einer Stunde und vierzig Minuten sind die beiden endlich oben angekommen, nur um dann festzustellen, dass der Stellplatz, den Robert gebucht hat nur für ein Zelt gedacht und gemacht ist und für den Van kein Platz war. Auch die mehr als mögliche Präsenz von Bären und das Nichtvorhandensein von Tageslicht für das Umladen der mitgeführten Lebensmittel in die Bärenbox trugen schließlich dazu bei, dass die beiden die Strecke wieder runterfuhren. Nach ca. einer Stunde kam es dann zu einer weiteren gruseligen Begegnung mit einer anderen Klapperschlange. Im Grunde genommen lief dieses Treffen ab wie das erste, nur dass diesmal alle Fenster von Beginn an oben blieben. Weitere 40 Minuten später waren die beiden wieder im Tal und stellten fest, dass sie heute wohl keinen Platz mehr buchen können. Nach kurzer Beratung entschieden sie sich dazu, auf einen nahegelegenen Hotelparkplatz zu schlafen. Da es mittlerweile schon so spät war, dass selbst der Wachdienst schon im Bett war, hatten die beiden leichtes Spiel. Sie fanden einen Parkplatz und niemand sollte sie bis zum nächsten morgen stören.

Lange schlafen ist allerdings nicht drin, wenn man die Tiefdunkelgrauzonenvariante wählt. Und so mussten unsere beiden Reisenden, noch mittelmäßig zerknirscht von der nächtlichen Berg- und Talfahrt, früh vom Parkplatz Richtung Nationalpark flüchten. Dort angekommen eröffnete man Ihnen, dass sie früh dran seien, sehr früh, zu früh, denn das Besucherzentrum öffne erst in einer halben Stunde. Das traf sich gut, denn Robert und Julia verspürten ohnehin ein kleines Hüngerchen und nutzten die halbe Stunde, um zu frühstücken. So kam es, dass die beiden gesättigt und pünktlich zur Öffnung des Besucherzentrums eintraten, um den armen, geplagten Ranger mit Fragen zu bombardieren. Wie es sich herausstellte, schien der Ranger seinen Job äußerst gerne zu machen und beantwortete jede Frage ausführlich und verständlich. Anschließend erklärte er grundlegende Verhaltensempfehlungen und -regeln, falls es doch zu einem Kontakt mit einem Bären kommen sollte. Robert nahm so aktiv an dem “Unterricht“ teil, dass er im Anschluß ein „Junior Ranger“ Abzeichen verliehen bekam. Was für ein verdammter Streber. Nach diesem informativen Vortrag starteten die beiden ins Abenteuer. Der Sequoia – Nationalpark ist vor allem für große Bäume bekannt und die wollten Robert und Julia nun sehen.

Planerisch stellte dieser Park keine großen Ansprüche an die beiden Entdecker. Es gab genau eine Straße, die hindurchführte und alles Sehenswerte befand sich auf ihr. Robert und Julia hätten wohl nicht gedacht, dass Bäume wirklich und ehrlich beeindruckend sein können. Doch das änderte sich in dem Moment, in dem sie den ersten Sequoia Baum zu Gesicht bekamen. Die beiden waren wirklich ehrlich beeindruckt. Die Bäume waren riesig. Sowas wie die große kleine Schwester der Kalifornischen Redwoods. Unglaublich. Unsere Reisenden fingen wie üblich an die Szenerie fotografisch festzuhalten und sich passend in den Aufnahmen zu positionieren, um möglichst bildgewaltige Kompositionen zu erzeugen. Nach ca. drei Stunden war gefühlt der ganze Wald abgelichtet und Robert und Julia sind immer der Straße folgend auf dem nächsten Campingplatz angekommen. Nachdem die beiden im zugehörigen Shop ein paar Kleinigkeiten eingekauft haben und anschließend ihr Abendbrot zubereiteten, beratschlagten sie über die nächsten Tage, denn ihr Weg sollte sie in Richtung Yosemite führen und das war alles andere als unkompliziert, aber dazu beim nächsten Mal mehr.

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