Goodbye New York, Hello California

Ein wenig traurig, dass wir New York verlassen, aber mit viel Vorfreude auf Kalifornien haben wir uns gestern morgen auf den Weg zum JFK für unseren Flug nach San Francisco gemacht. New York hat uns ziemlich auf Trab gehalten. Gemäß meiner Uhr haben wir in den letzten vier Tagen 97.819 Schritte gemacht. Das entspricht in etwa 76,5 km. Um 06:00 Uhr morgens bekommen wir in der Abflughalle des Flughafen JKF das was wir lange nicht mehr hatten – eine Pause. New York war anstrengend, dennoch sehr schön und unglaublich hässlich zugleich. Mehr dazu aber  später. 

Wir haben die letzten vier Tage damit verbracht so viel von New York wie möglich zu sehen. Alles andere wäre Zeitverschwendung gewesen. Das heißt nicht, dass wir wie von der Stoppuhr gejagt durch die Stadt gerannt sind und alle Attraktionen einfach im zügigen Dauerlauf hinter uns gebracht haben. Das wäre wahrscheinlich ohnehin aus mehreren Gründen schwer zu realisieren gewesen. Zum einen ist die Stadt die niemals schläft sehr groß. Dazu kommt, dass sich der Verkehr in der Rushhour mehr wie ein zäher Brei langsam durch die engen Betonschluchten drückt. Das heißt, nicht einmal wenn wir alle Fahrten zwischen den vielen Sehenswürdigkeiten per Taxi bewältigt hätten, hätten wir eine realistische Chance gehabt ALLES was die Stadt zu bieten hat in vier Tagen zu bestaunen. Das bringt mich zum dritten Unmöglichkeitsgrund – es wäre einfach viel zu teuer für uns gewesen. Gemessen an den heimischen Preisen ist hier sowie alles viel teurer. 

Dazu ein Beispiel: Wir haben uns in Manhatten ins „Brooklyn Diner“ gesetzt. Dem Internet zufolge einer äußerst empfehlenswerten Adresse, wenn man auf der Suche nach einem leckeren Frühstück ist. Dort angekommen begrüßte uns ein netter Kellner, wies uns einen Tisch zu und goß uns auch prompt jeweils einen Kaffee und Orangensaft ein. Das war nicht nur zuvorkommender Service, sondern im Nachgang betrachtet auch der Anfang eines recht kostspieligen Unterfangens. Nach einem Blick in die Karte wählte Jule dann ein pochiertes Ei auf einem Avocadotoast und ich Eggs Benedict mit Lachs und Sauce Hollandaise. Das Essen kam dann auch superschnell, sah nett aus, der Kaffee war noch kochend heiß und der O-Saft kalt – das Frühstück konnte beginnen. 

Der Blick in die Karte gab uns schon einen ungefähren Ausblick auf die Rechnung, aber das ganze Ausmaß dessen, was uns gleich erwartete, konnten wir dann doch nicht abschätzen. Zurück zum Frühstück. Das war mehr ok normal. Die Eier zu weich, die Portionen eher winzig und den üblichen Kaffeenachschlag gab es auch nicht. War auch nicht wirklich wichtig, da der Kaffee geschmacklich eher mäßig war. Da wir eh wenig Zeit hatten wollten wir dann auch zeitnah Zahlen. Die Rechnung wurde uns von dem Kellner gebracht, der am Nebentisch die ganze Zeit unaufgefordert Kaffee nachgekippt hat. Wir klappen das kleine lederbezogene Rechnungsmäppchen auf und konnten unseren Augen nicht trauen. 71,00 $. Inklusive nicht nach unten verhandelbaren 18 % Trinkgeld plus Steuern, die auf den Kartenpreisen noch nicht ausgewiesen sind. Wir sind uns einig, das war es nicht wert.

Das mit den Preisen zieht sich dann so durch. Am 9/11 Memorial haben wir dann einen winzigen Corndog (ne art mini Bifiroll am Spieß) für 6 $ erstehen können. Ein Wahrzeichen zu besichtigen ist meist auch recht kostspielig. Mit unserem NewYorkPass (95$ pro Person) konnten wir uns für drei, in dem Pass inkludierte Sehenswürdigkeiten, den Eintritt sparen. Sonst zahlt man je nach Objekt zwischen 35 und 50 Dollar. Unseren ersten Joker setzten wir dann zur Besichtigung des Flugzeugträgers ein und den Zweiten für die Fahrstuhlfahrt auf das Empire State Building. Das waren weise Entscheidungen. Die haben sich wirklich gelohnt. Und dann haben wir einen fatalen Fehler gemacht. Mit unserem letzten Freifahrtschein haben wir uns für den New Yorker „BigBus Hop on Hop off“ Tickets geholt. In der Theorie hätten wir uns in der Zeit von 10:00 Uhr bis 17:00 mit zwei Linien (eine Uptown, eine Downtown) einer stetig in Kreisen fahrenden Cabriodoppeldeckerbusflotte die Stadt angucken können. Wir hatten, durch einen Gang zur Post und den Kauf einer lokalen Simkarte nebst Führung durch den Dschungel der amerikanischen Prepaidmobilfunktarife, leider schon eine wertvolle Stunde vertrödelt, sind dann aber trotzdem gegen 11:15 Uhr in den Bus gestiegen, in die rote Linie Richtung Downtown. Die letzten Meter von der Haltestelle wollten wir dann zu Fuß zum 9/11 Memorial, um anschließend an der selben Haltestelle wieder einzusteigen und zurück zum Times Square fahren. Dort treffen sich die beiden Linien, sodass man von der roten Downtownroute in die blaue Uptownroute umsteigen kann, um am Ende des Tages alle Haltestellen einmal abgegrast zu haben. Soviel zur Theorie. 

Der Plan ist nicht aufgegangen, weil wir (und damit meine ich mich) völlig unterschätzt haben wie lange wir uns am Ground Zero aufhalten werden. Dazu mehr später. Fakt ist, dass wir den letzten Bus am Times Square nicht mehr erwischt haben. Das war zwar etwas frustrierend, aber (fast) egal, denn was wir zwischenzeitig gesehen und erlebt hatten, hat alle kleineren Rückschläge des Tages wettgemacht. 

Das 9/11 Memorial ist buchstäblich atemberaubend. Nicht nur vor Staunen über das enorme, ehrwürdige und geschmackvoll gestaltete Denkmal, sondern auch vor Entsetzen und dem Konfrontiertsein mit dem Ausmaß dieser abscheulichen Anschläge. Wir wissen noch genau wie es sich anfühlte als wir die Bilder der brennenden Türme am 11. September 2001 erstmals im Fernsehen sahen. Das war jetzt alles wieder da. Jeder Name der fast 3000 Opfer ist hier die schwarzen Steine der riesigen Wasserfälle, die sich über die Grundflächen der beiden Türme erstrecken, eingraviert. An Geburtstagen der Opfer werden Rosen zu den jeweiligen Namen gelegt. Heute sieht man hier viele davon. 

Wir sprachen auch mit einem Überlebenden der Anschläge, der dort als Ehrenamtlicher jedem der es hören möchte, seine Geschichte erzählt. Als uns der nette ältere Herr erzählte, wie er den Tag erlebte, stockte uns der Atem. Er befand sich in der 71sten Etage des Südturms als der erste Turm schon in Flammen stand und 10 Stockwerke über ihm das zweite Flugzeug einschlug. Er sah das Kerosin brennend die Wände runterschießen und spätestens da war es Zeit für ihn zu fliehen. Einer seiner Kollegen befand sich in der Zeit als das zweite Flugzeug einschlug im Fahrstuhl, der wohl vom Flugzeug abgetrennt wurde. Er wurde nie wieder gesehen. Warum ist er nicht schon vorher geflohen fragt ihr euch? Weil man nach dem ersten Anschlag auf das World Trade Center im Jahre 1993 nicht wusste, was einen da unten erwarten würde.

Schwer bedröppelt sind wir dann in das angeschlossene Museum gegangen, das den Spagat zwischen Gedenk- und Informationsstätte unglaublich gut meistert. Neben einer chronologischen Aufbereitung der Anschläge wurden auf den 10.000 Quadratmetern beschädigte und verwunderlicherweise unbeschädigte Artefakte ausgestellt. Es ist bedrückend und sehr bewegend. 

An diesem Tag haben wir dann auch nicht mehr viel unternommen, es war ja schließlich auch schon recht spät. Wir haben unsere Verpflegungsstrategie unserem Reisebudget angepasst und sind auf dem Weg ins Hostel in einem Supermarkt auf Nahrungssuche gegangen und haben, nach einem gemütlichen Abendbrot in unserem Zimmerchen, die Nachtruhe eingeläutet. 

Am nächsten Tag war dann wieder volles Programm – wir wollten zur Brooklyn Bridge und dann zu Fuß rüber nach Brooklyn. Wir wurden nochmal kurz ausgebremst. In unserem Hostel gab es eine Feueralarmübung, die wir zunächst aber nicht als solche erkannten und dachten, dass es tatsächlich brennt. Auf dem halben Wege im Treppenhaus nach unten kam dann die Entwarnung und wir konnten auf unser Zimmer um unser „gerettetes“ Hab und Gut wieder abzulegen. Jetzt aber los Richtung Brücke. Anders als am Vortag nun, aber mit einem stinknormalen Stadtbus für 2,75 $ pro Person. Dort angekommen stellten wir fest, dass wir nicht die einzigen mit der Idee waren und drängten uns bei 35 °C durch die dichten Menschenmassen auf der Brücke. Das hat trotzdem Spaß gemacht. Die Aussicht auf Manhattan von der anderen Seite ist fantastisch. Gestärkt haben wir uns heute bei Shake Shack. Kleine Burger für großes Geld. Kannten wir schon. Schockte uns nicht mehr.

Jule kannte einen Punkt für ein tolles Foto. Als wir um die letzte Ecke zum Fotospot gingen, wollte sie mir nochmal sagen wo der Punkt genau ist, war aber überflüssig. Sah man schon von weitem. Die Menschenmassen wiesen uns den Weg. Ich weigerte mich vehement dieses Allerweltsfoto zu machen, ist dann aber doch ganz schön geworden. Zurück sind wir dann mit einer Fähre über den Eastriver gefahren.
Unser letzter Tag hier sollte dann von Entspannung geprägt sein. Ausserdem stand erstmalig eine organisatorische Unternehmung auf dem Plan – wir mussten dringend Klamotten waschen. Wir gingen mit unserer Wäsche also in eine Waschsalon ein paar Straßen weiter und besorgten uns derweil Frühstück an einem Futterwagen, der von einer freundlichen griechischen Einwanderin und ihrem Sohn betrieben wurde. Mit Pancakes, tollen Sandwiches und Kaffee ausgestattet gingen wir nochmal kurz zum Waschsalon, um unsere Wäsche von der Maschine in den Trockner zu befördern, und haben es uns anschließend auf einer schattigen Bank im Central Park zum frühstücken bequem gemacht. Das war superschön. Wir waren auch nicht alleine. Sofort gesellte sich eine Vogelgang bestehend aus min. 50 Tieren zu, uns um ein paar Krümel zu ergattern. Dann gestärkt zurück zur Wäsche und nach einem Abstecher auf unser Zimmer ab in die Stadt. 

Heute stand noch was besonderes auf dem Programm – das Summit One Vanderbilt. Ein Wolkenkratzer mit einer ganz besonderen optischen Installation und Aussichtsplattform auf drei Etagen. Das war dann auch sehr beeindruckend. Mehrere Räume mit Spiegeln in allen Variationen vor der Kulisse des Empire State Buildings im Hintergrund boten allerlei Spielraum für coole Urlaubsfotos. Dieser Ausflug ist wirklich empfehlenswert.

Nach wie vor fasziniert von dem Gesehenen sind wir dann ein letztes Mal durch die Stadt Richtung Central Park mit einem Picknick im Gepäck gewandelt. Auf dem Weg haben wir dann die vergangenen Tage besprochen und festgestellt, dass New York zwar aufregend und spannend war, aber auch dass wir nicht traurig sind jetzt weiterzureisen. 

Was hier unglaublich auffällt ist die Schere zwischen arm und reich. New York ist zwar Glamour und Lifestyle, aber ebenso auch Armut und Elend. Es gibt keine Straße auf der keine Obdachlosen hausen und das ganze Elend neben dem üblichen Prunk schlägt einem schon ziemlich auf den Magen. War uns nie bewusst, aber aus Gesprächen mit New Yorkern wissen wir nun, dass die Preise immer weiter steigen und dass es für den Ottonormalstadtbewohner immer schwerer wird, einen normalen Lebensstandard zu halten.. 

Um in der Stadt leben und etwas erleben zu können braucht man vor allem Geld, und zwar viel Geld. Wir trafen viele New Yorker und wenige von denen schienen mit ihrem Job und der Gesamtsituation zufrieden zu sein. Die durchschnittlichen Mietkosten belaufen sich auf ca. 3000 $. Kein Wunder, dass viele Menschen irgendwann auf der Straße landen. Mit den Worten: “Go back to Germany as fast as you can!” verabschiedete uns übrigens die, uns scheinbar wohlgesonnene griechische Lady am Frühstückswagen. Das macht nachdenklich.

-harter cut-

Im Park angekommen genießen wir auf einer Decke unser mitgebrachtes Fast Food für viel Geld und wenig Qualität, am Rande eines Softballspiels, wo sich zwei bunt zusammengewürfelte Amateurmannschaften ein freundliches Spiel lieferten. Eine tolle Art den Aufenthalt hier abzuschließen.  

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